Als wir die Tasman von den Vorbesitzern übernommen haben, war sie auf den ersten Blick in einem ziemlich guten Zustand. Auf den zweiten und dritten Blick wurde uns dann schon klarer, dass unsere nächsten Urlaube irgendwas mit Flexen und Schleifen zutun haben werden.
Also haben wir uns an die Arbeit gemacht, hier am Trockendock in der Marina Kemer. Mein Bruder Reinhold, ein handwerklicher Allrounder, ist auch mit angereist und wird uns die nächsten Wochen unterstützen.
Das große Entrümpeln
Man kann sich gar nicht vorstellen, was man so alles in einem Boot verstauen kann. Einige Tage haben wir damit zugebracht jeden Stauraum, Klappen und Schränke auszuräumen, zu sichten, und zu entscheiden, was bleibt und was weg kommt. Martinas favourite part! Einige Teile konnten wir auch nicht wirklich zuordnen und haben sie mal als unbekanntes Ersatzteil aufgehoben. Am Ende hatten wir einen guten Überblick über unser Inventar und die Tasman einige Kilo abgespeckt.
Sehr naiv
Von Deutschland aus hatten wir noch den Plan gesponnen, alle aufwändigen Arbeiten von der Werft erledigen zu lassen. Ist ja Türkei und da sollte es ja gute und bezahlbare Handwerker geben.
Sehr naiv. Zu diesem Zeitpunkt kannten wir die Stundensätze der Werft noch nicht. Bezahlbare Handwerker von außerhalb kann man sich selbst organisieren, nur will die Marina da auch mitverdienen und schlägt auf diese Löhne noch was drauf, womit wir wieder bei den exorbitanten Stundensätzen ankommen. Wir reden hier von Handwerkerpreisen, die wir uns nicht mal in Deutschland leisten würden und das war in unserer Kalkulation einfach so nicht geplant. Also haben wir erst mal nur die nötigsten Arbeiten in Auftrag gegeben, die wir nicht selbst erledigen können, da uns das Werkzeug fehlt oder wir es einfach nicht können.
Das Resultat
Nach den ersten zwei Wochen flexen, schleifen, säubern, schwitzen, zerlegen, fetten, polieren, demontieren, sieht das Boot schlimmer aus als vorher. Trotzdem haben wir in der Zeit einiges geschafft:
- Alle Roststellen an Deck großflächig abgeschliffen oder rausgeschnitten
- Neue Püttinge aus Edelstahl angeschweißt
- Motor: Sämtliche Flüssigkeiten und Filter gewechselt
- Unterwasserschiff geschliffen
- Ankerwinsch zerlegt, lackiert und wieder fit gemacht
- Windgenerator zerlegt, gesäubert, weis lackiert und neue Flügel
- Windsteueranlage komplett demontiert, gesäubert und wieder zusammen gebaut
- Alle Winschen (9 Stück) zerlegt, gesäubert und gefettet
- Neues Antifouling (Das ist der Unterwasseranstrich, der das Ansetzten von Algen, Schnecken, Krebspanzern usw. verhindert.)
- Bimini (Verdeck) ausbessern lassen (Neue Klarsichtfolie)
- Alte (defekte) Navigationsinstrumente ausgebaut und viele Meter Kabel rausgezogen
- Vermutlich den Rekord gebrochen in Leiter rauf- und wieder runterlaufen
Eine Stahlyacht rostet von innen durch
Kurz vor unserer Rückreise entdeckten wir noch zwei große Roststellen im Inneren des Bootes. Einmal im Ankerkasten und direkt unterm Mast. Das Problem ist nicht der Rost, sondern die Stelle an der er aufgeblüht ist. Von innen hat man so gut wie keine Chance ranzukommen, ohne gleich den ganzen Innenausbau zu zerlegen. Also lassen wir von einem Gutachter eine Dickenmessung am Stahl durchführen – einmal um das ganze Schiff rum – um das Ausmaß des Problems einzuschätzen. Bis auf die Stelle unterm Mast, hat das Boot überall noch die Materialstärke wie in den Bauplänen verzeichnet. Da uns die Werft den Gutachter vermittelt hat, sind dann die Aussagen darüber, was gemacht werden muss und was nicht, sehr schwammig und wir werden uns bei nächster Gelegenheit eine zweite Meinung von einem unabhängigen Gutachter einholen.
Reinhold hat noch zwei Wochen länger Zeit und kümmert sich erst mal um den Ankerkasten und wird die Arbeiten der Werft beaufsichtigen. Für mich geht es in sechs Wochen hier weiter. (Reinhold ist unser Held des Frühjahrs! Ohne ihn wären wir teilweise ganz schön verzagt…)