Von Kolumbien nach Guatemala – doch noch ein Abenteuer
Martina
Wir warten schon zwei Wochen in Santa Marta auf ein Wetterfenster für die Überfahrt durch die Westkaribik nach Guatemala. Der Passatwind will einfach nicht kommen und in eine Flaute zu segeln, ist auch keine Option. Endlich ist Wind in Sicht. Die ersten drei Tage Segeln wir wie geplant, super Wind, super Wetter, die Tasman ist richtig flott unterwegs.
Als wir in Küstennähe von Nicaragua und Honduras kommen, wird es das erste Mal spannend. Es hat in letzter Zeit ein paar Überfälle auf Yachten gegeben und wir sehen uns schon ausgeraubt, als zwei Fischerboote, größer als wir und ohne Netze, direkt auf uns zuhalten. Die haben aber kein Interesse an uns sondern legen Fangkörbe aus. So wie die nächsten 15 Fischer auch. Deren Markierungsbojen sind das Gefährlichste an der Situation.
Dann der erste Einschlag. Der Autopilot fällt aus. Ab jetzt stehen wir also am Ruder. Abwechselnd, auch Nachts, 24 Stunden am Tag. Das macht keinen Spaß und wird anstrengend.
Zeitgleich lässt der Wind nach. Dafür jagt ein Squall nach dem anderen mit heftigem Regen durch. Das geht zwei Tage so, dann setzt auch noch Gegenströmung ein. Trotz motoren machen wir im schwachen Wind nur noch maximal 3 Knoten. Und stehen dabei am Steuer. Langsam werden wir müde. Und der Dieseltank immer leerer.
Nach vier Tagen Ruder gehen kommt der erste Hoffnungsschimmer. Wir sehen das Leuchtfeuer von Isla Guanaja, eine kleine Insel vor Honduras. Dort wollen wir Pause machen und den Autopilot reparieren. Es gibt ein bisschen Wind und wir segeln enthusiastisch gegen den Strom an.
Nächster Einschlag. Wieder in der Flaute aber schon auf 15 sm an Isla Guanaja ran gekrochen, können wir den Motor nicht mehr starten. Der Anlasser raucht, nichts geht mehr. Schöne Scheiße. Mit jedem Squall kreuzen wir ein bisschen in die richtige Richtung, dann treiben wir ohne Wind in der teils fies hohen Gegenwelle wieder zurück. Keinen Bock mehr jetzt!
Um ohne Motor sicher in die Lagune der Insel ein zu laufen, hoffen wir auf Schlepphilfe und ich fange an, Puerto Guanaja über VHF zu rufen. Keine Antwort. Auch All Ships verläuft im Sand. Ein großer Frachter kommt nahe an uns vorbei, den funke ich an und frage, ob er uns einen Kontakt machen kann. Kann er nicht, aber er gibt uns die Telefonnummer von Search And Rescue Honduras und eine Nummer der Fuerza Navales, der Navy. Wir sind zwar kein Notfall, aber es gibt schon Handyempfang und ich rufe mal durch. Vielleicht bekommen wir ja eine lokale Nummer genannt, an die wir uns für ein bisschen Unterstützung zum sicheren Einlaufen wenden können. Den Hafenmeister von Guanaja zum Beispiel. Nein. Der Mann von der Fuerza freut sich trotzdem, mit mir zu plaudern. Danke auch.
Es wird wieder dunkel, die fünfte „Steuernacht“. Ohne Wind weiter kämpfen nervt. Im Dunkeln unter Segeln bei all den Riffen einlaufen ist auch dämlich, also drehen wir bei und schlafen ein bisschen. Im Schein des Leuchtfeuers von Guanaja, das 15 sm entfernt von uns einladend blinkt. ( Wenn man bei dreht, stellt man sein Boot quer zur Welle. Damit macht man keine Vorwärtsfahrt mehr und wird vom eigenen Kiel gebremst. Wenn man das Ruder in einer stabilen Position fixiert, kann man dann relativ sicher “Pause machen”.)
Am Morgen kommt der Durchbruch! Wind! Alle Segel gesetzt und nix wie los. Wir haben unseren Notfallkontakt Butze zu Hause per Satellitentelefon – über Nacht sind wir wieder aus der Handyzone rausgetrieben – angefunkt und eine Nummer eines Guesthouse auf Isla Guanaja bekommen. Und da hebt tatsächlich jemand ab und sagt – und das sogar noch auf Englisch – “I send you a guy to tug you in the lagoon”. Cassidy zirkelt uns mit seinem Motorboot sauber an das Dock der Tankstelle. Geschafft. Erstmal sicher, aber ohne Motor 170 sm vor unserem Ziel gestrandet. To be continued…
Kleine Manöverkritik
Wir haben lange auf ein Wetterfenster gewartet, bevor wir gestartet sind. In der Vorhersage haben wir gesehen, dass der Wind in der zweiten Hälfte der Strecke schwächer wird und deshalb Diesel für 4 Tage Durch-Motoren geladen. Was wir nicht gesehen haben, war die Gegenwelle und Gegenströmung, die noch so weit von der Küste entfernt so stark war.
Ohne Autopilot ist alles zermürbend. Ein Windpilot hätte uns hier aber auch nichts genützt, es gab ja tagelang keinen konstanten Wind. Unseren Motor checken wir immer gründlich vor jeder Abfahrt. Den Kurzschluss im Anlasser haben wir nicht vorausgesehen. Leider gehen Teile immer im Betrieb kaputt, nicht wenn man bequem in einer Marina liegt.
Versäumt haben wir, uns Notfallnummern aus Honduras raus zu schreiben. Wir dachten ja, nördlich an Honduras vorbei direkt bis Guatemala durch zu fahren. Offizielle Hilfe gibt es hier nicht. Unser Satellitentelefon war eine gute Investition. Alle hängen am Handy. Das Funkgerät des Hafenmeisters ist nicht mal an der Antenne angeschlossen.
Als Team haben wir super funktioniert, keine Gestreite und Gequengel. Aber blöde acht Tage waren es schon!